22.01.1999

Sensationelles Urteil

Paul Gauselmann zum Urteil: „Ich war immer davon überzeugt, dass die ,Killerautomatensteuer’ nicht rechtens sein kann. Mein Sohn Michael und ich haben deshalb seit über zehn Jahren mit aller Entschiedenheit und allen Mitteln gegen diese Ungerechtigkeit gekämpft.“

Wie uns die Rechtsabteilung der Firma Gauselmann mitteilt, hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg am 30. November 1998 in ausdrücklicher Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung in zwei Verfahren der Firma Merkur Spielothek gegen die Städte Göttingen und Hannover entschieden, dass die erhöhte Besteuerung angeblicher Gewaltspielgeräte, unabhängig von den tatsächlichen Spielinhalten, rechtswidrig ist.
Die Verfahren gehen auf Steuerbescheide aus dem Jahr 1991 zurück. Noch im Jahre 1995 hatten die erstinstanzlichen Urteile die Besteuerung generell für rechtmäßig erachtet. Diese Besteuerungspraxis wurde in der Zwischenzeit auch seitens des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg bestätigt.
Aufgrund der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zur Verpackungssteuer sah sich nunmehr aber auch das Oberverwaltungsgericht Lüneburg veranlasst, seine Position zur Rechtmäßigkeit der Vergnügungssteuer zu überdenken und im Ergebnis zu einer grundsätzlichen Neubewertung zu kommen.
Bislang hatten die Kommunen das Recht, nach eigenem Gutdünken Steuern zu angeblichen Lenkungszwecken zu erheben. Nunmehr spricht das Oberverwaltungsgericht Lüneburg den Kommunen diese Kompetenz ab, da die Aufstellung von Unterhaltungsspielgeräten in einer Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen (Gewerbeordnung, Strafgesetzbuch, Jugendschutzgesetz und der Spielverordnung) umfassend geregelt ist. Nach Auffassung des Gerichtes dürfen die Kommunen nicht mit einer erhöhten Besteuerung versuchen, weitere Beschränkungen der Aufstellung dieser Geräte durchzusetzen.
Wörtlich heißt es in dem Urteil gegen die Stadt Hannover:
„Nach diesen Maßstäben erhält § 9 Abs. 1 g VStS (Vergnügungssteuersatzung), soweit er Gewalttätigkeiten darstellende Spielautomaten in Spielhallen betrifft, einen unzulässigen Übergriff in die bundesrechtlich geregelte Ordnung dieses Sachbereichs. Denn diese Bestimmung widerspricht mit ihrer prohibitiven Lenkungswirkung insoweit der Entscheidung in dem aus § 131 StGB (Strafgesetzbuch), § 118 OWiG (Ordnungswidrigkeitengesetz), § 6 GjS (Gesetz über jugendgefährdende Schriften), § 8 JöSchG (Jugendschutzgesetz) und den §§ 33 c ff. GewO (Gewerbeordnung) gebildeten Normenkomplexen, dass die Darstellung von Gewalttätigkeiten auf Spielautomaten in kraft Gesetzes nur Erwachsenen zugänglichen Spielhallen bis zur Schwelle der §§ 131 StGB, 118 OWiG nicht verboten ist.“
Da das Oberverwaltungsgericht Lüneburg die Revision ausdrücklich zugelassen hat, ist damit zu rechnen, dass sich das Bundesverwaltungsgericht in Kürze mit dieser Vergnügungssteuer beschäftigen muss. Fachjuristen raten trotzdem allen Aufstellern, die von erhöhten Steuersätzen für angeblich gewaltdarstellende Spiele betroffen sind, gegen diese Steuerbescheide Widerspruch unter Berufung auf die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg, Aktenzeichen 13 L 7153/95 (Hannover) und Aktenzeichen 13 L 6854/94 (Göttingen), einzulegen.