27.02.2025

22. Symposium Glücksspiel mit vielen Highlights

Das 22. Symposium Glücksspiel verfolgten 282 Teilnehmer, 85 online.

Dr. Steffen Otterbach, Leiter der Forschungsstelle Glücksspiel an der Universität Hohenheim, hat mit seinem Team am 25./26. Februar ein Symposium Glücksspiel auf die Beine gestellt, das mit zahlreichen Höhepunkten glänzte.

Bei der Podiumsdiskussion wurden die unterschiedlichen Standpunkte der Teilnehmer schnell deutlich (v.l.): Dr. Jörg Hofmann (Moderator), Nadja Wierzejewski, Dr. Tobias Hayer, Anna Kösler, Jürgen Häfner und Claus Retschitzegger.

Die Kriminalhauptkommissarin Bettina Eichler und der Kriminalhauptkommissar Alexander Kringe vom Polizeipräsidium Köln, Direktion Kriminalität, veranschaulichten das illegale Glücksspiel in der Rheinmetropole und deren Bekämpfung.

Die Kölner Polizisten brachten ein Fun-Games zu Anschauungszwecken mit. Doch ist dieser Sektor des illegalen Glücksspiel nur ein Bereich. Hinzu kommen beispielsweise illegale Sportwetten-Apps, sowie illegale Poker-, Barbut- und Bingoveranstaltungen.

Robin Anstötz vom Institut für Glücksspiel und Gesellschaft (GLÜG) an der Ruhr-Universität Bochum untersucht unter anderem wie eine Ausgestaltung des Rechts dem Vollzug helfen könne.

Dr. Steffen Otterbach begrüßte am 25./26. Februar mit seinem Team 282 Teilnehmer, davon 85 online, zum 22. Symposium Glücksspiel an der Universität Hohenheim.

In seiner Eröffnungsrede weist der Leiter der Forschungsstelle Glücksspiel darauf hin, dass die Akteure im Kosmos Glücksspiel mit unterschiedlich starken Ressourcen ausgestattet seien, sodass sich die Frage nach der richtigen Balance stelle.

Plattform für Austausch

„Das Symposium bietet die Plattform, auf der alle Interessen zusammen kommen können“, sagt Otterbach.

So war die „Balance als Grundlage für eine erfolgreiche Regulierung“ der thematisch rote Faden bei der Podiumsdiskussion, die Dr. Jörg Hofmann von Melchers Rechtsanwälte moderierte. Er stellte seine These, die Kanalisierungsrate sei die entscheidende Messgröße für Erfolg, zur Diskussion.

Kanalisierungsrate im Fokus

Dr. Tobias Hayer, Arbeitseinheit Glücksspielforschung an der Universität Bremen, sieht die Kanalisierungsrate nicht als das überragende Ziel des Glücksspielstaatsvertrages an. Maximal könne diese eines der Ziele oder ein Indikator sein. Im internationalen Diskurs sieht er als Leitbild die Public Health-Agenda. Hayer stellt in Frage, ob eine „gottgegebene“ Nachfrage mit einem attraktiven Angebot befriedigt werden müsse. Er sei verwundert, dass sich im öffentlichen Diskurs das Narrativ durchgesetzt habe, das einzige Kanalisierungsziel sei von illegal hin zu legal. Völlig verloren im öffentlichen Diskurs gehe ein zweites Kanalisierungsziel, nämlich von den scharfen zu den weniger scharfen Glücksspielangeboten.

Anna Kösler, Mitglied der Geschäftsführung Recht, Compliance, Personal bei Kling Automaten und Jokerstar, kann Standpunkte eines Anbieters des terrestrischen und des Online-Spiels vertreten.

Sie legt dar: „Unser Hauptproblem ist, dass wir gegen den illegalen Markt konkurrieren müssen.“

Bekämpfung des Schwarzmarktes

Sie teile Schätzungen des Deutschen Online Casinoverbandes (DOCV), denen zufolge der Schwarzmarkt bei den virtuellen Automatenspielen bei 80 Prozent liege. Anna Kösler verdeutlicht: „Für uns ist aktuell nicht sichtbar, dass die Bekämpfung des Schwarzmarktes so greift, wie es notwendig wäre.“

Sie sieht die größten Probleme in der hohen Spieleinsatzbesteuerung von 5,3 Prozent und wünscht sich die Möglichkeit Angebote „flexibler gestalten zu können“, um eine Stützung des legalen Marktes zu erreichen. Der Glücksspielstaatsvertrag würde die Grundlage dafür hergeben.

„Der illegale Markt darf nie der Treiber für den legalen Markt sein.“

Dr. Tobias Hayer sieht in der Anpassung der Attraktivität an den illegalen Markt ein Problem. „Wo ist ein Stopp?“, fragt er. Schließlich gebe es meist irgendwo einen Markt, der mehr zulasse. Er sieht in der Betonung der Kanalisierungsrate einen „Fehler in der Denklogik“. Würde man alles zulassen, läge die Kanalisierungsrate bei 100 Prozent, skizziert Hayer. Er betont: „Der illegale Markt darf nie der Treiber für den legalen Markt sein.“

Ziel: Wettbewerbsfähigkeit

Anna Kösler stellt klar: „Zufrieden sind wir dann, wenn der legale Markt funktioniert und wir wettbewerbsfähig sind.“ Aktuell funktioniere dies nicht.

Claus Retschitzegger, Head of Legal, Public Affairs and Corporate Communication, bet-at-home, schätzt den Schwarzmarktanteil im deutschen Sportwettenmarkt auf 30 bis 40 Prozent. Retschitzegger, der auch Präsidiumsmitglied des Deutschen Sportwettenverbandes (DSWV) ist, führt andere Länder mit wesentlich höheren Kanalisierungsraten auf. So habe Großbritannien eine Kanalisierungsrate von 97 Prozent und Dänemark von 85 Prozent. Hinzu komme ein im Vergleich zu Deutschland flächendeckend attraktiveres Produktangebot.

Bankhalterspiele finden online nahezu ausschließlich im Schwarzmarkt statt

Er übt zudem Kritik daran, dass beliebte Bankhalterspiele wie Roulette und Black Jack legal im Internet „quasi nicht stattfinden“ und mahnt Verbesserungen an.

Für Jürgen Häfner habe sich der Glücksspielstaatsvertrag „absolut bewährt“. Dem Geschäftsführer von Lotto Rheinland-Pfalz zufolge habe der Gesetzgeber ausdrücklich die Möglichkeit gelassen, diese Online-Casinospiele auszuschreiben oder in einem Monopol zu gestalten. Dr. Jörg Hofmann ergänzt, dass bisher lediglich Nordrhein-Westfalen und Schlewig-Holstein zusammen mit privaten Unternehmen Online-Bankhalterspiele anbieten oder anbieten werden. „Der Rest ist entweder out of business oder im monopolistisch strukturierten Bereich“, schildert Hofmann.

Alte und neue Herausforderungen für die GGL

Nadja Wierzejewski, Leitung Abteilung 3, Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL), berichtet von den Herausforderungen, vor denen ihr Team hinsichtlich der Bekämpfung von illegalen Angeboten steht. Zu den bereits bekannten Bekämpfungszielen stellen Krypto-Casinos und Casinos, die außerhalb der EU liegen, sowie der Einfluss von KI neue Hürden dar, die umfangreiche Expertise erfordern würden. Im Augenblick sei die Unterbindung der Zahlungswege – das sogenannte Payment-Blocking – das Hauptmittel, auf dass ihr Team am meisten zurückgreift, um illegale Online-Glücksspielangebote zu bekämpfen.

Polizisten mit erschreckenden Praxisbeispielen von illegalen Glücksspielen

Vollste Aufmerksamkeit durch das Plenum hatte der erschreckende Bericht aus der Praxis zweier Kölner Polizisten. Die Kriminalhauptkommisarin Bettina Eichler und der Kriminalhauptkommisar Alexander Kringe vom Polizeipräsidium Köln, Direktion Kriminalität, entführten die Teilnehmer des Symposiums in die Welt des illegalen Glücksspiels in Köln und Umgebung. Neben den bekannten Fun-Games berichteten Eichler und Kringe über illegale Pokerrunden. Auch das Würfelspiel Barbut sei in der Unterwelt des Glücksspiel beliebt und sorge regelmäßig für Gewaltdelikte aufgrund von Streitigkeiten. Diese seinen ebenso bei Bingo-Abenden festzustellen, wo regelmäßig Autos als illegaler Preis ausgelobt werden. Sehr beliebt seien illegale Sportwetten-Apps und Wettterminals, gerne versteckt in Nebenräumen hinter Getränkekisten.

„Der Markt ist komplett durchorganisiert und aufgeteilt", so Kringe. Die organisierte Kriminalität sei sehr erfinderisch, was auch den Zugriff und die Beweisführung erschwere. Die Strafandrohung sei sehr gering, so Kringe. Die Täter wissen dies und würden sich darauf einstellen. In kurzen Zeiträumen gebe es enorme Gewinnmöglichkeiten für die Betreiber.

Traditionell bietet das Symposium Glücksspiel Nachwuchswissenschaftler eine Plattform. Bei der 22. Auflage des Symposiums erhielt der Vortrag von Robin Anstötz viel positive Resonanz. Der Jurist forscht am Institut für Glücksspiel und Gesellschaft (GLÜG) an der Ruhr-Universität Bochum. Der Titel seines Vortrags lautete: „Strukturelle Geltungsprobleme des Glücksspielstaatsvertrages aus anwendungstechnischer Perspektive“.

Wir werden in unserer März-Ausgabe die Podiumsdiskussion, die Ausführungen der Kölner Kriminalhauptkommissare und die weiteren Vorträge des 22. Symposiums Glücksspiel noch intensiver beleuchten.