Zweifel der EU-Kommission am Glücksspieländerungsstaatsvertrag
Eine achtseitige Stellungnahme der Europäischen Kommission zum Glücksspieländerungsstaatsvertrag beschäftigt zurzeit die Juristen der Verbände und Interessengruppen.
Der Anwalt Martin Arendts aus Grünwald/München wagt in einem isa-guide-Beitrag unter der Headline „Keine Billigung, keine Verdammung“ einen Ausblick: „Die Länder sind weit hinter ihrem Zeitplan. Ein Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags zum 1. Juli 2012 dürfte aus meiner Sicht nicht machbar sein. So sind drei Lesungen in den Länderparlamenten (mit einer politischen Diskussion) erforderlich, während in den nächsten Monaten mehrere Landtagswahlen anstehen.“
Der Rechtsanwalt weiter: „Europarechtlich kommt es auf die Sach- und Rechtslage im gesamten Gebiet des Mitgliedstaats an. Auf unterschiedliche Gesetzgebungszuständigkeiten zwischen Bundes- und Länderebene kann sich ein Mitgliedstaat nicht berufen. Daher müsste, wenn man tatsächlich mit dem Glücksspielstaatsvertrag weiter machen will, eine umfassende kohärente und systematische Regelung auf Bundes- und Länderebene gefunden werden. Hierzu müssen die durch Bundesgesetz geregelte Pferdewetten sowie Geldspielgeräte in ein einheitliches Regelungssystem eingepasst werden. Auch müsste Schleswig-Holstein sich einer einheitlichen Regelung anschließen. Die Schaffung eines kohärenten und in sich konsistenten Regelungssystems – wie vom EuGH gefordert – ist bislang nicht absehbar.“
Arendts schließt auf isa-guide: „Unabhängig von der rechtlichen Regelung müsste auch die Praxis sich grundlegend ändern. Davon ist derzeit nicht auszugehen. So ist es europarechtlich schlichtwegs nicht haltbar, ein staatliches Monopol für Lotterien mit der Suchtbekämpfung zu begründen, während man mit dem neu eingeführten Angebot Eurojackpot (mit Höchstgewinnen bis 90 Millionen Euro) erhebliche zusätzliche Einnahmen generieren will.“
Stellungnahme von Arp und Kubicki
Auch Hans-Jörn Arp und Wolfgang Kubicki betonen in einem Beitrag: Wieder kein grünes Licht aus Brüssel für den Vertrag der 15!
"Uns war immer klar, dass die Europäische Kommission auch den nachgebesserten Entwurf der 15 anderen Bundesländer nicht akzeptieren wird. Die in der begründeten Stellungnahme der EU-Kommission im Sommer geäußerten Bedenken wurden nicht entkräftet. Es liegt keine abschließende positive Stellungnahme der EU-Kommission zum Vertrag der 15 vor", kommentierten der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Hans-Jörn Arp, und der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki, die bekannt gewordene Stellungnahme der EU-Kommission zum noch einmal überarbeiteten Entwurf der 15 anderen Bundesländer für einen neuen Glücksspielstaatsvertrag.
Diese enthalte einmal mehr zahlreiche Nachfragen, in denen die Kommission an geltendes EU-Recht erinnert und konkrete Erläuterungen, Belege und Daten einfordert. So weise die Kommission auf fehlende schlüssige Begründungen für die Begrenzung der Sportwettenlizenzen auf 20 sowie das Verbot von Online-Casinos und Online-Poker hin.
An mehreren Stellen werde die Erfordernis diskriminierungsfreier und transparenter Maßnahmen eingefordert. Dies werde ausdrücklich auch mit Blick auf die Bevorzugung staatlicher Glücksspielanbieter getan.
Wolfgang Kubicki: "Wenn Herr Stegner auf dieser Grundlage behauptet, die EU-Kommission habe den Vertrag akzeptiert, dann beweist das nur seine völlige Unkenntnis des EU-Rechts und der EU-Verfahren."
Arp und Kubicki erinnern daran, dass in den vergangenen Jahren die Nord-SPD im Verbund mit den anderen Bundesländern bei jeder erneuten Runde vor den Europäischen Institutionen und den Gerichten behauptet hätten, nun seien aber wirklich alle Zweifel beseitigt.
"Mit ebenso großer Beständigkeit stellte sich dies am Ende wie auch heute als falsch heraus. Für unser Gesetz liegt die abschließende Notifizierung dagegen seit langem vor. Nur zum Vergleich: Wir haben eine A-4 Seite als Schreiben gekriegt, dies sind acht Seiten mit Fragen und kritischen Anmerkungen. Auf der Grundlage kann kein Parlament in Deutschland ernsthaft dem Vertrag der 15 zustimmen", so Hans-Jörn Arp.