VG Wiesbaden stoppt die angekündigte Erteilung von 20 Sportwetten-Konzessionen
Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden hat durch Beschluss vom 5. Mai 2015 das Land Hessen auf den Eilantrag eines österreichischen Sportwettenanbieters verpflichtet, bis zu einer Entscheidung im Klageverfahren die angekündigte Erteilung von Sportwetten, Konzessionen an die zwanzig ausgewählten Bewerber zurückzustellen.
In einer Pressemitteilung übt das VG Wiesbaden mit deutlichen Worten Kritik am Ablauf und Inhalt des bisherigen Vergabeverfahrens
Die tatsächliche Bewertung der einzelnen Anforderungen im Auswahlverfahren könne nicht nachvollzogen werden, da der der Antragstellerin übermittelte Bescheid selbst hierzu keine Ausführungen enthalte. Aus den Beurteilungsbögen lasse sich eine individuelle und aus sich heraus verständliche Begründung für die konkrete Punktvergabe nicht feststellen. Die Begriffe „durchschnittlich“ oder „unterdurchschnittlich“ seien mangels Vergleichbarkeit nicht nachvollziehbar.
Rechtsverstöße und Ausführungsmängel
Nach Auffassung der Kammer weist das bisherige Verwaltungsverfahren zur Auswahl der Bewerber verschiedene Rechtsverstöße und Ausführungsmängel auf, die die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
(AEUV) und den Anspruch auf ein diskriminierungsfreies und transparentes Auswahlverfahren (Paragraf 4b Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV), Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verletzen.
Zwar sei der mehrstufige Aufbau des Auswahlverfahrens nicht zu beanstanden. Es fehle jedoch an der hinreichenden Transparenz, weil die Bewerber weder aus der Ausschreibung noch aus dem Gesetzestext des Glücksspielstaatsvertrags voll umfänglich hätten entnehmen können, was letztlich für eine erfolgreiche Bewerbung von ihnen gefordert werde. So sei den Bewerbern mitgeteilt worden, dass alle Einzelheiten zu den Mindestanforderungen sowie zur Auswahl der Konzessionäre erst mitgeteilt würden, wenn sie sich für die zweiten Stufe qualifiziert hätten. Dabei hätten, so die Kammer, die Kriterien für das erfolgreiche Absolvieren der zweiten Stufe bereits vor der Ausschreibung feststehen müssen.
Inhaltliche Gestaltung
Auch die inhaltliche Gestaltung des Auswahlverfahrens verstoße gegen die Anforderungen an eine rechtmäßige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit.
Im Hinblick auf die bereits laufende und auf 7 Jahre beschränkte Experimentierphase hätten im Voraus bestimmte Fristabschnitte festgelegt werden müssen, um das Behördenverfahren in einem absehbaren zeitlichen Rahmen zu halten. Das VG Wiesbaden kritisiert zudem, dass der Glücksspielstaatsvertrag die Gestaltung des Konzessionsverfahrens weitestgehend dem Land Hessen überlasse, ohne dessen Gestaltungsermessen zu begrenzen oder in nachprüfbare Bahnen zu lenken.
Prüfungsablauf und Entscheidungsfindung seien intransparent
Auch der Prüfungsablauf und die Entscheidungsfindung seien intransparent geblieben. So werde nicht offengelegt, welche Personen mit welcher Qualifikation im jeweiligen Prüfteam eingesetzt gewesen seien und wie eine durchgängige Beurteilung des für alle Bewerber gleichen Kriterienkatalogs durch jeweils dieselben Prüfer gewährleistet worden sei. Darüber hinaus sei auch die Entscheidungsfindung im Glücksspielkollegium, dessen Beschlüsse für das Land Hessen bindend seien, intransparent und fehlerhaft.
Durchführungsmängel und konzeptionelle Defizite
Neben den Durchführungsmängeln bestünden auch konzeptionelle Defizite des Konzessionsverfahrens. Auch das eigentliche Auswahlverfahren zwischen den 35 verbliebenen Bewerbern weise zusätzliche Rechtsfehler auf, da an die Bewerber durch die Behörde Anforderungen gestellt wurden, die im Glücksspielstaatsvertrag nicht genannt seien. So seien von den Bewerbern Maßnahmen zur Unterstützung der Glücksspielaufsicht bei der Bekämpfung des Schwarzmarktes und zum Vorgehen gegen illegale Mitbewerber gefordert worden.
Außerdem müsse die gesamte oder jedenfalls die überwiegende Zeit der Experimentierphase den Konzessionären zur Verfügung stehen und dürfe nicht auch dazu dienen, der Behörde ein Experimentieren, wie ein Konzessionsverfahren gestaltet und abgewickelt werden könne, zu ermöglichen.
Gegen diesen Beschluss können die Beteiligten Beschwerde erheben, über die der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel zu entscheiden hat (Az.: 5 L 1453/14.WI).