22.11.2023

Niedersachsen: Hohe Auflagen und sprunghaft ansteigende Vergnügungssteuern sorgen für „schlimme Abwärtsspirale“

Im Mittelpunkt der Online-Mitgliederversammlung des Automatenverbandes Niedersachsen (AVN) standen die teils massiv gestiegenen Vergnügungssteuern. Es referierten (v.l. oben): AVN-Vorsitzender Frank Waldeck, AVN-Justiziar Prof. Dr. Florian Heinze, AVN-Vorstandsmitglied Lars Rogge und DAW-Länderbeauftragte Sabrina Kahmann.

Wie ist die Lage für Automatenunternehmer in Niedersachsen? Wo stehen wir nach mittlerweile eineinhalb Jahren Landesglücksspielgesetz? Dies thematisierte Frank Waldeck, Vorsitzender des Automatenverbandes Niedersachsen (AVN), bei der Online-Mitgliederversammlung am 21. November 2023.

Er blickte auch auf die Erfahrungen nach etwa einem halben Jahr Zutrittskontrolle. Interne Auswertungen in Testgemeinden hat laut Waldeck ergeben, dass die Umsätze im Vergleich zum Vorjahr um etwa fünf Prozent zurückgegangen sind. Im Vergleich zu den wirtschaftlich stärkeren Jahren 2018 und 2019 liege der Rückgang gar bei etwa 20 Prozent.

Sinkende Umsätze

„Das Landesspielhallengesetz ist teilweise Urheber der aktuellen Situation“, sagt Waldeck.

Eines der vielen Probleme sind beispielsweise die Öffnungszeiten – Spielhallen in Niedersachsen müssen bereits Mitternacht schließen. Ohne Spielbanken-Bashing betreiben zu wollen, muss darauf hingewiesen werden, dass die Schließzeiten für Spielhallen bei 0 bis 6 Uhr liegen, während die Spielbanken in Niedersachsen, bis auf Norderney, alle bis nach Mitternacht geöffnet haben. Die Standorte in Hannover, Göttingen und Seevetal sperren erst um 3 Uhr, am Wochenende zum Teil erst um 4 Uhr die Türen zu.

Hohe Auflagen – Öffnungszeiten und Rauchverbot

Die hohen Auflagen, wie zum Beispiel das Rauchverbot, sorgen für Umsatzrückgänge. Es erscheint bis heute ungerecht, dass in jeglichen Gastro-Betrieben in Raucherräumen geraucht werden darf, in Spielhallen jedoch nicht.

Zwar führe dies laut AVN-Justiziar Prof. Dr. Florian Heinze zu mehr Fragen als Antworten, doch letztlich habe das OVG Lüneburg das Rauchverbot in Spielhallen als verfassungsrechtlich unbedenlich eingestuft.

Durch die im Landesspielhallengesetz vorgegegebenen hohen Anforderungen würden laut Waldeck die Umsätze sinken. Hinzu komme das schwerwiegendste Problem: der vielerorts sprunghafte Anstieg der Vergnügungssteuern. Dieser sorge für eine „schlimme Abwärtsspirale“, so Waldeck.

Vergnügungssteuern steigen in vielen Gemeinden massiv

Prof. Heinze erinnert daran, dass das OVG Lüneburg mit seinem Urteil vom 24. Januar 2023 (Az.: 9 KN 238/20) quasi eine Obergrenze gesetzt habe, indem es entschied, dass ein Steuersatz von 25 Prozent des Einspielergebnisses nicht erdrosselnd wirke.

Dennoch empfiehlt Heinze den AVN-Mitgliedern politisch zu intervenieren, sobald sie von Erhöhungen erfahren. Unternehmer sollten sich wehren.

„Lassen Sie diese Erhöhungen nicht kommentarlos über sich hinwegrollen. Zeigen Sie, das dies nicht akzeptabel ist. Scheuen Sie sich nicht, den Kommunen mit Klagen zu drohen“, legt Heinze dar.

Doch dazu müssen Unternehmer erst einmal von anstehenden Steuererhöhungen erfahren. Idealerweise würden Automatenunternehmer selbst Ratsmitglieder in ihren Gemeinden werden, oder sollten Waldeck zufolge „einen guten Draht“ zum Rat, oder einer wichtigen Fraktion haben, sodass eventuellen Ankündigungen für – teils massive – Erhöhungen der Vergnügungssteuern, die zumeist von den Verwaltungen initiiert werden, frühzeitig argumentativ entgegen getreten werden kann.

Steuererhöhungen frühzeitig entgegentreten

Waldecks Appell: „Wenn Sie wissen, dass sich ihre Gemeinde mit den Vergnügungssteuern beschäftigt, wenden Sie sich an den Vorstand, den Justiziar oder die Geschäftsstelle.“

Der Verband habe die Instrumente Kommunalpolitiker zu informieren und bei Verhandlungen zu unterstützen.

Dass das Phänomen steigende Vergnügungssteuern wahrscheinlich zu einem Dauerproblem wird, macht Waldeck auch an den zahlreichen finanziell klammen Kommunen fest. Die Gemeinden hätten aktuell viele Verpflichtungen.

Illegale Konkurrenz

Nicht nur die steuerliche Belastung, auch die Konkurrenz durch illegale Angebote sei mittlerweile ein enormes Problem. Das sei überall der Fall, im großstädtischen Bereich ist laut Waldeck die Problematik noch größer. Der Vorsitzende rekurriert auf aktuelle Studien, die untermauern, dass etwa 50 Prozent des Gesamtumsatzes ins illegale Spiel fließe.

„Wir brauchen andere Geräte“, betont Waldeck, wissend, dass dieser Bereich die Spielverordnung berührt.

Dem Bundeswirtschaftsministerium liege der Bericht zur Evaluierung der Spielverordnung, der unter Leitung von Prof. Dr. Gerhard Bühringer angefertigt wurde, seit Juli vor. AVN-Vorstandsmitglied Lars Rogge macht deutlich, dass frühestens im Januar kommenden Jahres mit Ergebnissen, beziehungsweise Änderungen der Spielverordnung zu rechnen sei. Wahrscheinlicher sei jedoch ein späterer Zeitpunkt.

„Schmerzhafte Entwicklung“

All diese Auflagen tragen zu einer „schmerzhaften Entwicklung“ bei, die eine wachsende Zahl von Schließungen und Insolvenzen nach sich zieht.

Der AVN-Vorsitzende verweist auf das BA Kit zu Vergnügungssteuern und rät den Mitgliedern eindringlich die Steuer-Thematik in den Kommunen im Blick zu behalten.

Politik informieren

Konsens herrscht dabei, die Politik auf jeder Ebene über das legale Spiel zu informieren. Neben dem Vorstand übernimmt diese Aufgabe seit eineinhalb Jahren Sabrina Kahmann, DAW-Länderbeauftragte. Sie weist auf die zahlreichen politischen Gespräche hin. Erfreulich sei, dass nun auch erste Gespräche mit Landtagsabgeordneten der Grünen geführt werden konnten. Zudem kündigt sie für den 27. Februar 2024 eine AVN-Veranstaltung an, bei der Kahmann zusammen mit ihren DAW-Kollegen Jennifer Broocks (Hamburg) und Maximilian Fiel (Baden-Württemberg) darüber informieren, wie Politik „funktioniert“ und wie man mit Politikern kommuniziert.

Abschließend wies Frank Waldeck darauf hin, dass Automatenunternehmer sich zunehmend über Sekundärverwendungen von Spielhallen Gedanken machen. Hier könnten Sportwetten eine Option sein. Allerdings sollte dabei der Rat von Fachleuten eingeholt werden.

Letztlich werde man laut Waldeck unter diesen Umständen, die das Landesspielhallengesetz und das Oberverwaltungsgericht Lüneburg vorgibt, zum Teil kleine und schwierige Standorte schließen müssen. Dabei greift er zu drastischen Worten: „Das Oberverwaltungsgericht möchte unsere Sterblichkeit bewiesen wissen durch den Tod.“

Darum kämpfe der Verband auf allen Ebenen weiter für bessere Rahmenbedingungen.