23.09.2024

Juristen stellen Regulierung beim 10. Deutschen Glücksspielrechtstag auf den Prüfstand

Der 10. Deutsche Glücksspielrechtstag am 20. September in Frankfurt am Main rückt die Glücksspielregulierung in den Fokus. Etwa 100 Teilnehmer verfolgen online und im Verlagsgebäude des Deutschen Fachverlages den Glücksspielrechtstag.

Mirko Benesch (l.) und Markus Röll von Benesch & Partner Rechtsanwälte organisieren traditionell zusammen mit der Zeitschrift für Wett- und Glücksspielrecht (ZfWG) den Deutschen Glücksspielrechtstag.

Dr. Jörg Pietsch, Leiter des Arbeitsstabes des Bundesdrogenbeauftragten, erläutert – online zugeschaltet – die Sicht seines Hauses aus suchtpolitischer Perspektive.

Der Bundestagsageordnete Stephan Mayer, Ordentliches Mitglied im Rechtsausschuss, sportpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, arbeitet die Probleme des unerlaubten Spiels heraus. Er spricht sich deutlich für eine stärkere Verfolgung des illegalen Spiels aus.

Frieder Backu, Rechtsanwalt und Berater des Deutschen Verbandes für Telekommunikation und Medien (DVTM), weist auf die enormen Ausmaße des Schwarzmarktes hin.

Nikolai Kühner von der Kanzlei Benesch & Partner Rechtsanwälte referiert über die Auswirkungen der steigenden Vergnügungssteuern.

„Gesetzgeber mit glücklichen Händchen oder Irrwege in die Glücksspielregulierung?“ war der Untertitel des 10. Deutschen Glücksspielrechtstag am 20. September 2024 in Frankfurt am Main, einer Veranstaltung der Zeitschrift für Wett- und Glücksspielrecht (ZfWG) und der Kanzlei Benesch & Partner Rechtsanwälte.

An der Jubiläumsveranstaltung des Deutschen Glücksspielrechtstages nahmen etwa 100 Juristen und Experten aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft teil. Der Deutsche Fachverlag, der unter anderem auch die Zeitschrift für Wett- und Glücksspielrecht (ZfWG) herausbringt, stellte traditionsgemäß Räumlichkeiten im Frankfurter Verlagsgebäude zur Verfügung. Viele Teilnehmer nutzten auch die Online-Option und verfolgten die Fachveranstaltung aus der Ferne.

Dr. Jörg Pietsch, Leiter des Arbeitsstabes des Bundesdrogenbeauftragten, stellte heraus, dass der Bundesdrogenbeauftragte bei der Glücksspielregulierung hauptsächlich den Schutz von Jugendlichen und Spielsüchtigen im Sinn habe. Die Kosten dieser Sucht trage die Allgemeinheit. Und die Gefahr wachse, da die Zahl der digitalen Glücksspielangebote steige, sagt Pietsch. Gleichzeitig werde das Hilfesystem nicht stärker, sondern schwächer.

Problem Illegalität

Zum gewerblichen Automatenspiel sagte Pietsch: „Wir teilen die Einschätzung der Branche, dass eins von drei Geräten illegal ist.“ Das seien Geräte in Hinterzimmern, alte Geräte und Fungames. Auch erkenne der Bundesdrogenbeauftragte, dass die organisierte Kriminalität verstärkt das Automatenspiel als Betätigungsfeld nutze.

Pietsch spricht zudem ein klares Bekenntnis zur Strafbarkeit des illegalen Glücksspiels aus. Statt einer Entkriminalisierung, wie sie in einem Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums angedacht wurde, sollte man laut Pietsch vielmehr noch die Strafbarkeitslücken schließen.

„Ein Ort, eine Konzession, ein Aufsteller“

Ihm zufolge müsste in Bezug auf das gewerbliche Automatenspiel folgendes Prinzip gelten: „Ein Ort, eine Konzession, ein Aufsteller.“ Zudem fordert er höhere Bußgelder und dass die Konzessionen nicht auf Dauer vergeben würden. Pietsch habe kein Interesse daran, dass der Glücksspielmarkt größer werde.

Entkriminalisierung des unerlaubten Glücksspiel der falsche Weg

Der Bundestagsageordnete Stephan Mayer, Ordentliches Mitglied im Rechtsausschuss, sportpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sprach sich für eine stärkere Verfolgung des illegalen Spiels aus.

„Das Degradieren dieses Deliktes in das Ordnungswidrigkeitenrecht wäre das falsche Signal“, betont Mayer.

Beim illegalen Glücksspiel habe man es überwiegend mit Clan- und Schwerstkriminalität zu tun. Zum einen seien die Ordnungsämter häufig an der Belastungsgrenze, zum anderen seien Ordnungswidrigkeiten nicht das geeignete Mittel, um unerlaubtes Spiel zu bekämpfen.

Hoher Schwarzmarktanteil, Tendenz steigend

Frieder Backu, Rechtsanwalt und Berater des Deutschen Verbandes für Telekommunikation und Medien (DVTM), machte in seinem Vortrag „Rück- & Ausblick zur Glücksspielregulierung im Spannungsfeld zwischen reguliertem und Schwarzmarkt“ deutlich, dass das legale Spiel zurückgehe, auch hinsichtlich der Steuereinnahmen. Gemäß der Zwischenevaluierung des Glücksspielstaatsvertrages liege der Schwarzmarktanteil am Online-Spiel bereits bei 33 Prozent. Einer Studie des Wirtschaftswissenschaftlers Prof. Dr. Gunther Schnabl zufolge liege diese bereits bei 50 Prozent. „Die Kanalisierungsquote in Deutschland ist nicht hoch genug“, sagt Rechtsanwalt Backu.

Drehen an der Vergnügungssteuerschraube

„Vergnügungssteuerschraube bis zum Exzess? – Kommunale Abgaben vs. Ziele des GlüStV“ lautete der Titel des Vortrages von Nikolai Kühner von der Kanzlei Benesch & Partner Rechtsanwälte. Am Beispiel von Stuttgart zeigt er, wie stark die Vergnügungssteuer in vielen Kommunen in den vergangenen Jahren gestiegen ist. In Stuttgart lag die Vergnügungssteuer 2010 noch bei 18 Prozent. 2022 betrug sie bereits 26 Prozent, eine Steigerung um fast 50 Prozent. Kühner ging zudem auf die enorm hohen Anforderungen ein, die für das Beweisen einer „erdrosselnden Wirkung“ nötig seien. Der Rechtsanwalt zeigte auch die Auswirkungen der ständig steigenden Steuern auf die Kanalisierung auf. Die Stärkung des Schwarzmarktes sei die Folge.

In unserer Oktober-Ausgabe werden wir auf weitere spannende Vorträge eingehen, wie zum Beispiel „Spielverderberin Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers“ von Prof. Dr. Christian Bickenbach, Juristischen Fakultät, Universität Potsdam und „Rechtsgut § 284 StGB – eine Kritik der Entkriminalisierung“ von Prof. Dr. Rene Börner, Rechtsanwalt.