18.09.2024

FSH-Treffen im Kloster Eberbach: Für Wunder muss man beten, für Veränderungen arbeiten!

Der FSH-Vorstand, von links: Dirk Fischer, Andreas Braun, Tobias Schneegans, Schatzmeister Jean Pierre Berlejung, Vorsitzender Frank Waldeck, Johanna Bergstein, Michael Holderer, RA Tim Hilbert und Marcus Seuffert.

Von links oben, im Uhrzeigersinn: Patrick Waldeck und Dirk Fischer mit dem gemeinschaftlichen Vortrag „Spielhallenoptimierung heute“. – Blick in den Veranstaltungssaal. – Michael Thiery und Tim Hilbert diskutieren über „Illegalität im Wettbewerb“. – Jean Pierre Berlejung und Tobias Schneegans mit ihrem „Praxisdialog Vergnügungssteuererhöhung“.

Von links: Gastgeber Frank Waldeck mit Andreas Rey, DAW, und Lars Rogge, VDAI.

Von links oben, im Uhrzeigersinn: Peter Ickenroth, Patrick Waldeck und Thomas Ickenroth in einer Konferenzpause. – Neue Mitglieder: Dennis & Julia Adam von der AFS-Automaten GmbH. – Jubilare: Peter Seitz, Ralf Greulich und Sylvia Palenberg mit Jean Pierre Berlejung. – Die Brüder Özgür Tatar und Özkan Tatar aus Dietzenbach, neu im Verband.

Rechtsanwalt Dr. Andreas Bartosch ist für den Fachverband Spielhallen aus Brüssel angereist. Infos aus erster Hand.

Blick in einen Teil des früheren klösterlichen Schlafsaals mit Ausstellern und Partnern des Fachverbandes Spielhallen.

In einem tausend Jahre alten Saal zu tagen – inspirierend! Das riesige Dormitorium im Koster Eberbach unweit von Wiesbaden war früher der Schlafsaal der Mönche. Aber über 100 Mitglieder und Gäste des Fachverbandes Spielhallen (FSH) zeigten sich hier zur Jahreshauptversammlung am 17. September ziemlich ausgeschlafen.

In dem weltbekannten Film „Der Name der Rose“ war dieser Mönchsschlafsaal eine Schreibstube, in der William von Baskerville alias Sean Connery ersten Hinweisen auf eine Mordserie nachgeht. Aber rasch zurück in die Gegenwart, denn diese ist bekanntlich spannend genug.

Frank Waldeck begrüßte vor dem Plakat-Zitat „Für Wunder muss man beten, für Veränderungen aber arbeiten“ Mitglieder und Gäste. Er betonte, dass der FSH davon lebe, dass man sich hier auf Augenhöhe austauschen könne. Und zwar in absoluter Freiheit, denn der FSH lebe einzig von den Beiträgen seiner Mitglieder und seiner Förderer.

Kohärente Behandlung von Spielbanken und Spielhallen

Seine Prophezeiung, dass 2024 ein „Jahr der Juristen“ werde, sei inzwischen eingetreten. Die notwendige kohärente Behandlung von Spielbanken und Spielhallen als vergleichbare Glücksspielformen gewinnt sichtbar an Fahrt. Bizarre Unterschiede wie beispielsweise, dass in Spielbanken Alkohol erlaubt ist, während in den Spielhallen in manchen Bundesländern dem Gast noch nicht einmal ein Glas Wasser bereitgestellt werden darf, stehen zur Disposition.

Was natürlich nichts an der aktuellen schweren Krise unserer Branche sogleich und sofort ändern könne. In Niedersachsen würden Spielhallen zum Teil zum Preis von 1 Euro verkauft, andernorts einfach geschlossen (der AutomatenMarkt berichtete über einen solchen Fall in Hildesheim im AM 12/2023). Jetzt gehe es darum, durchzuhalten und auf die neue Spielverordnung zu hoffen.

Denn auch in der Politik habe es sich längst herumgesprochen, dass der Boom beim Illegalen Spiel auf eine weit überzogene Regulierung zurückzuführen ist. „Jedes Gespräch mit einem Landespolitiker ist wie eine Mini-Evaluierung“, ermutigt Frank Waldeck zu offensiver PR-Arbeit für unsere Branche.

Thema Vergnügungssteuer – mal anders präsentiert

Auf der Tagesordnung stand zunächst ein „Praxisdialog Vergnügungssteuererhöhung“. Jean Pierre Berlejung berichtete von seiner guten Vernetzung beispielsweise durch die Mitgliedschaft in den örtlichen Feuerwehren. Dann: „Drei meiner Mitarbeiter verfolgen wöchentlich aufmerksam die Aktivitäten in den Gemeinderäten und Stadtparlamenten.“ Insbesondere nach der Sommerpause sei dies dringend geboten. Der FSH-Schatzmeister zeigte konkret auf, wie man das Online-Ratsinformationssystem seiner Kommune nutzen kann.

Spannend auch, was Tobias Schneegans zu erzählen wusste. Das FSH-Vorstandsmitglied ist selbst langjähriger Stadtrat und Vorsitzender der stärksten Fraktion im Stadtparlament von Sondershausen und kennt somit die Arbeit der Kommunalpolitiker aus dem Effeff.

Dem Thüringer fiel die Rolle zu, einen Kommunalpolitiker zu mimen, der den Unternehmer Berlejung mit einer drastischen Erhöhung der Vergnügungssteuer konfrontiert. Wie Letzterer versucht zu erklären, dass er die Erhöhung nicht an die Spielgäste weitergeben kann und dass das legale Spiel mit seinen vielen Vorzügen (wie: guter Arbeitgeber und Steuerzahler, Spieler- und Jugendschutz, OASIS-Anschluss, Zertifizierung, et cetera) unter die Räder gerät, war eine Lehrstunde in sensibler und konstruktiver Gesprächsführung.

Konkrete Vorschläge aus dem 7-Punkte-Papier

Wichtig ist immer wieder, seinem Gegenüber mit einfachen Worten die Fakten zu erklären und nicht müde zu werden, die Politiker in die Spielhallen zu Informationsgesprächen einzuladen. Auch FSH-Justiziar RA Tim Hilbert appelliert, rechtzeitig tätig zu werden. Denn ein Nachweis der Erdrosselung sei juristisch nur schwer zu erbringen.

Michael Thiery, Vorsitzender des Automaten-Verbandes Rheinland-Pfalz, berichtete, wie man im Fall Speyer mit Argumenten das Schlimmste abwenden konnte.

Lars Rogge, Vorsitzender der Geschäftsführung des VDAI, sprach über die „Evaluierung der Spielverordnung & Zahlen zur Marktentwicklung“. Die Zahlen sind bekanntlich erschreckend: Zwischen 2016 und 2023 hat das illegale Spiel um 852 Prozent (!) zugenommen. Im gleichen Zeitraum wurden durch die rigide Spielverordnung 39 Prozent der legalen Geräte vom Markt gefegt.

Im Sinne einer Vollzugentlastung und Vollzugsunterstützung habe die Deutsche Automatenwirtschaft umfassende Handlungsempfehlungen vorgelegt. Außerdem gibt es ein 7-Punkte-Papier, das präzisiert, welche Änderungen in der Spielverordnung vorgenommen werden sollten: Anpassung der monetären Aufwandsgrenzen, Verkürzung der Mindestspieldauer, freies Spiel mit Gewinnen, Aufhebung von Spielpausen, Abschaffung des Auto-Start-Verbots, Aufhebung der Geräte-Obergrenze je Spielhallenkonzession plus Reduzierung der Quadratmeterzahl, außerdem die Beibehaltung der Geräte-Obergrenze in der Gastronomie.

Stammkunden werden zu Fans – Fans werden zu Partnern

„Spielhallenoptimierung heute“ hieß das anschließende Panel mit Patrick Waldeck, Geschäftsführer der zwei&40 GmbH und FSH-Fördermitglied, und Dirk Fischer, FSH-Vorstandsmitglied sowie Vorsitzender des Automaten-Verbandes Baden-Württemberg.

Waldeck Junior jonglierte gekonnt mit vielen Themen: Branding, Expansion, Marketing und Personal. Grundsätze wie „Wissen aneignen“, „Die Perfektion des Banalen“ oder „Sublimität“ (hier insbesondere gemeint: Das eigene Unternehmen „verkaufbar“ machen!), aber auch die Wettbewerbsbeobachtung, „Modelling of Excellence“ und ein einheitlicher Markenauftritt optimieren das Unternehmen und stärken die Rendite. Wenn es gut laufe, werden Stammkunden zu Fans und Fans werden zu Partnern.

Social Media sei dabei eine höchst effektive Form der Werbung. Und immer wieder konkrete Vorschläge und Ideen wie: Warum dem Gast nicht Siebträgermaschinen mit handaufgeschäumter Milch als Premium-Service bieten?! Wichtig ist es auch, Erwartungen und Neugier zu wecken, beispielsweise mit einem „Demnächst bei uns: Das Gerät und/oder Spielpaket …“.

Dirk Fischer informierte über einen „ertragsbasierten Kaufpreis-Faktor“ und bot Einblick in entsprechende Tabellen und Berechnungen. Leider müsse man heute beim Kauf einer Spielhalle das Worst-Case-Szenario „25 Prozent Vergnügungssteuer“ mit einbeziehen. Jeder Unternehmer ist auch aufgerufen, alternative Anlagemöglichkeiten zu prüfen und die bestehenden Standorte zu optimieren. Letzteres ist in diesen schwierigen Zeiten „wichtiger als Expansion“, so der eindringliche Rat von Dirk Fischer.

Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft in Rheinland-Pfalz

Dem Thema „Illegalität als Wettbewerb“ widmeten sich Michael Thiery und RA Tim Hilbert. Der Befund allerorten: Insbesondere seit Corona habe das illegale Spiel noch einmal stark zugelegt. Positiv für Michael Thiery, Vorsitzender des Automaten-Verbandes Rheinland-Pfalz: In der Stadt Karlsruhe sind die Behörden sehr motiviert, illegale Geräte vom Markt zu nehmen. Und: Die Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft zum Thema Illegales Glücksspiel in Rheinland-Pfalz leistet gute Arbeit. Auch die ADD in Rheinland-Pfalz findet positive Erwähnung. Nur schade, dass sie sich nicht auch um illegale Aufstellplätze kümmern kann.

Thema war auch das Meldeportal BAlarm, das einst auf Initiative des FSH ins Leben gerufen wurde und beim BA in Berlin angesiedelt ist. „BAlarm ist der kleine Handstaubsauger der Branche“, so Frank Waldeck. Die Wirkung – naturgemäß begrenzt. Thiery, Hilbert und Waldeck sind sich aber einig: Nur durch eine attraktivere Spielverordnung lässt sich das illegale Spiel wieder eindämmen!

Letzter Tagesordnungspunkt – ein juristisches heißes Eisen: Die Besteuerung im automatenbasierten Glücksspiel auf dem Prüfstand des Europäischen Beihilferechts! Der FSH konnte RA Dr. Andreas Bartosch, der den Stein mit einem Antrag im Jahr 2016 (gemeinsam mit Prof. Dr. Richard Schmidt – Bericht im AM 8/2024) ins Rollen brachte, für einen Vortrag gewinnen.

Dr. Bartosch zu den Rechtsfolgen des Beschlusses der Kommission

„Zum ersten Mal hat die Europäische Kommission anerkannt, dass einerseits das Automatenspiel in gewerblich betriebenen Spielhallen und andererseits das Automatenspiel in Spielbankunternehmen miteinander im Wettbewerb stehen. Ergo: Jeder Unterschied in der Behandlung dieser beiden Unternehmensgruppen, sei er fiskalischer, sei er regulatorische Natur, ist EU-beihilferelevant.“

Welche Rechtsfolgen hat nun der Beschluss vom 20. Juni 2024? Dr. Bartosch spricht von zwei Alternativen: 1. Die klassische Lösung, die Rückforderung aller Vorteile der Spielbankunternehmen rückwirkend zum 8. März 2007 beziehungsweise die Nachzahlung aller Vorteile.  2. Die Abschaffung beziehungsweise Absenkung der Steuer.

Der Rechtsanwalt mit Büro in Brüssel, der mit Peter Pan und seinen Flug ins Neverland sowie „Der Spieler“ von Dostojevski auch literarische Allegorien herbeizitierte, erwartet für die Zukunft eine einheitliche Besteuerung aller Glücksspielformen. Dies könnte auch unserer Branche zugute kommen, hofft der FSH-Vorstand.

Stimmen von neuen Mitgliedern

Zum Schluss kurz Stimmen von neuen FSH-Mitgliedern. Dennis Adam aus Taunusstein: „Ein ausgezeichnetes Treffen! Meine Frau und ich erlebten hier keinerlei Untergangsstimmung, sondern viele neue, spannende Impulse.“

Ebenfalls Neumitglieder sind die hessischen Automatenunternehmer Özgür Tatar und Özkan Tatar: „Für uns war dies ein sehr informativer Blick über den Tellerrand.“ Die FSH-Mitgliedschaft sei „eine gute Ergänzung zu unseren Mitgliedschaften im Hessischen Münzautomaten-Verband und Automaten-Verband Rheinland-Pfalz“.

Der Vorstand dankte wie immer den vielen Ausstellern und Fördermitgliedern. Hier noch zwei Save-the-date-Termine: 6. März 2025 – ein erneutes Praxis-Forum, vermutlich in Frankfurt am Main. Und 10. Dezember 2025 – die Jahreshauptversammlung im vorweihnachtlichen Berlin.