AVN-Rundschreiben zum aktuell gültigen Spielhallenrecht in Niedersachsen
Der Justiziar des Automatenverbandes Niedersachsen, Professor Dr. Florian Heinze, warnt in einem aktuellen Rundschreiben: "Verschiedene Medien haben über die modifizierende Weisung vom 16.06.2017 bereits berichtet; dabei wurde der Inhalt der Weisung gelegentlich plakativ verkürzt und nicht in Gänze wiedergegeben."
Denn: "Das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr hat die sofortige Schließung von Spielhallen nach dem 01.07.2017 nicht generell (oder für Abstandskonkurrenzen unter Mitbewerbern) ausgesetzt, sondern die Behörden zu einer Überprüfung der Erlaubnisverfahren unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung – ggf. mit Aufhebung von Ablehnungsbescheiden und Neuerteilung von Erlaubnissen – angewiesen."
Dabei ist laut Professor Dr. Heinze zwischen folgenden Konstellationen zu differenzieren:
1. Mehrfachkomplexe
Bei Mehrfachkomplexen (mehrere in einem baulichen Verbund stehende Spielhallen werden vom selben Betreiber betrieben oder bilden aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Verflechtung eine wirtschaftliche Einheit) bleibt es bei den Vollzugshinweisen aus Februar 2017. In diesem Fall bleiben die Behörden angewiesen, bei Offenhaltung nicht genehmigter Spielhallen aus einem Mehrfachkomplex nach dem 01.07.2017 sofort vollziehbare Schließungsverfügungen zu erlassen.
2. Echte Konkurrenzverhältnisse zwischen Mitbewerbern
Bei echten Konkurrenzverhältnissen zwischen Mitbewerbern (Spielhallen stehen in einem Abstandskonflikt und werden wirtschaftlich selbstständig von unterschiedlichen Betreibern betrieben) sind die Behörden auf Grundlage der neuen Weisung des Ministeriums aufgefordert, zu prüfen, ob die bisherige Auswahlentscheidung dem vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsatz der bestmöglichen Ausschöpfung der Gebietskapazität (das MW spricht von der „Gebietsformel“) entspricht.
Heinze weiter: "Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Beschluss vom 07.03.2017 betont, dass Behörden sich eines Auswahlmechanismus zu bedienen hätten, der den bestmöglichen Erhalt von Spielhallen innerhalb eines Abstandskonflikts ermögliche. Das VG Osnabrück ist in seinem Urteil vom 17.05.2017 dieser Rechtsprechung gefolgt. Die Durchführung eines Losverfahrens kann dazu geführt haben, dass diesem Grundsatz genügt wird – sie muss aber nicht zwingend dazu geführt haben."
Daraus folge für echte Konkurrenzsituationen zweierlei:
a) Nichtbeachtung der Gebietsformel
Wurde der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellte Grundsatz der bestmöglichen Ausschöpfung der Gebietskapazität durch Anwendung des Losverfahrens nicht gewahrt, so sind die Behörden angewiesen, diesen Grundsatz umzusetzen. Spielhallenbetreiber, die durch den Zufall des Losverfahrens (ohne Beachtung der Gebietsformel) bereits eine glückspielrechtliche Erlaubnis erhalten haben, werden diese Erlaubnis behalten. Im Übrigen ist in einen neuen Auswahlprozess einzutreten, der die bestmögliche Ausschöpfung der Gebietskapazität umsetzt. Bestehende Ablehnungsbescheide sind aufzuheben und glückspielrechtliche Erlaubnisse gem. § 24 GlüÄndStV sind zu erteilen, soweit unter Beachtung der Gebietsformel Anträge auf Erteilung glücksspielrechtlicher Erlaubnisse nicht hätte abgelehnt werden dürfen.
Der Justiziar in dem wichtigen Rundschreiben weiter: "In dieser Konstellation findet also ein Neubescheidungsverfahren statt; die davon begünstigten Spielhallenbetreiber müssen nicht mit dem Erlass von Schließungsverfügungen nach dem 01.07.2017 rechnen, da ihnen nach Aufhebung der Ablehnungsbescheide die begehrten Erlaubnisse erteilt werden sollen."
b) Beachtung der Gebietsformel
Dort wo bereits der Zufall zur bestmöglichen Ausschöpfung der Gebietskapazität geführt hat oder wo auch bei bestmöglicher Ausschöpfung der Gebietskapazität ein anderes Ergebnis nicht denkbar wäre (es stehen sich nur zwei getrennte Einzelspielhallen gegenüber o.ä.) bleibt es bei der bisherigen Weisung. Hier sollen die ungenehmigten Spielhallen mit Sofortvollzugsanordnung zu schließen sein.
Prfoessor Dr. Florian Heinze abschließend: "Jeder Spielhallenbetreiber sollte für sich selbst prüfen oder anwaltlich prüfen lassen, ob er von der veränderten Weisung des Ministeriums profitiert, weil er bei bestmöglicher Ausschöpfung der Gebietskapazität mit seiner Spielhalle im Erlaubnisverfahren hätte berücksichtigt werden müssen.
Um es noch einmal deutlich zu betonen: Eine generelle Aussetzung der Schließung von Spielhallen auch im Falle echter Konkurrenzverhältnisse ist – jedenfalls soweit der Grundsatz der bestmöglichen Ausschöpfung der Gebietskapazität gewahrt ist – mit der neuerlichen Weisung des Ministeriums nicht verbunden. Wir werden Sie kurzfristig weiter informiert halten."