Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des niedersächsischen Auswahlverfahrens
Bei einem wiederholten Auswahlverfahren zwischen konkurrierenden Spielstätten in Osnabrück versagte die zuständige Behörde einem Tochterunternehmen von Merkur Casino die Erlaubnis für den Weiterbetrieb. Das Unternehmen leitete daraufhin ein einstweiliges Rechtschutzverfahren ein und beantragte die Duldung des Weiterbetriebs der Filiale bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren. Diesem Antrag wurde durch das Verwaltungsgericht Osnabrück stattgegeben.
Rechtlicher Hintergrund
Die Wiederholung des Auswahlverfahrens war erforderlich, da die zuvor durchgeführten Losverfahren in Niedersachsen durch das OVG Lüneburg (Beschluss vom 04. September 2017, 11 ME 330/17) mangels rechtlicher Grundlage für rechtswidrig erklärt wurden.
Daraufhin hatte der niedersächsische Gesetzgeber ein Auswahlverfahren im seit dem 1. Juni 2020 geltenden Niedersächsischen Landesglücksspielgesetz (NGlüSpG) normiert. Dieses sieht einen Mindestabstand von 100 Metern zwischen einzelnen Spielstätten vor und stellt bei Unterschreitung dieses Mindestabstandes differenzierte Auswahlkriterien auf, die nacheinander durch die zuständigen Behörden anzuwenden sind. Zu diesen Auswahlkriterien zählt der Abstand zu allgemeinbildenden Schulen.
Ein solcher Abstand war für die Behörden in diesem Fall maßgeblich. Die Merkur Casino-Filiale liegt 11,1 Meter näher an einer allgemeinbildenden Schule als der Betrieb des Wettbewerbers. Deshalb wurde ihr die Erlaubnis durch die zuständige Behörde versagt und dem Wettbewerbe eine Erlaubnis zugesprochen.
„Der besagte Standort unserer Merkur Casino-Filiale in Osnabrück wurde seit 1996 ununterbrochen betrieben und hätte durch den Versagungsbescheid der Behörde zum 1. Februar 2021 schließen müssen“, erklärt Tassia Giannopoulos, stellvertretende Leiterin des Rechtsbereichs Spielbetriebe von Merkur Casino.
Schließung vorerst abgewendet
Durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 26. April 2021 (1 B 8/21) kann die Filiale nach dem Lockdown zunächst weiter betrieben werden. Die zuständige Kammer des Verwaltungsgerichts begründete ihre Entscheidung unter anderem mit der Unverhältnismäßigkeit des Auswahlkriteriums des § 10 a Absatz 6 NGlüSpG.
Im Beschluss heißt es wörtlich: „Das Auswahlkriterium erscheint allerdings verfassungsrechtlich nicht verhältnismäßig. Das normierte Auswahlkriterium des Abstandes zu allgemeinbildenden Schulen ist nach Auffas-sung der Kammer materiell mit der Berufsfreiheit der Antragstellerin aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht vereinbar“.
Das bedeutet, dass das Kriterium des Abstandes zu allgemeinbildenden Schulen an sich nach Ansicht der Kammer zwar geeignet ist, um eine Auswahl zwischen konkurrierenden Spielhallen zu treffen. Sie hält indes die Auswirkungen des Auswahlkriteriums gerade bei sehr knappen Messunterschieden vor dem Hintergrund der Folgen für den unterlegenen Spielhallenbetreiber für unverhältnismäßig. Eine vom Einzelfall abhängige Gesamtabwägung weiterer Qualitätsmerkmale sei durch die letztlich auf die örtliche Lage begrenzte Auswahlentscheidung nicht möglich.
Ausblick auf weiteren Verlauf des Verfahrens positiv
Der Beschluss vom 26. April 2021 weist außerdem darauf hin, dass angesichts der erheblichen Zweifel der Kammer an der Rechtsmäßigkeit des Auswahlverfahrens nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Tochterunternehmen von Merkur Casino auch im Hauptsacheverfahren erfolgreich sein wird. Tassia Giannopoulos sieht deshalb positiv auf den künftigen Verlauf des Verfahrens, auch wenn der vorliegende Beschluss noch nicht rechtskräftig ist. Die zuständige Behörde hat gegen den Beschluss Beschwerde beim OVG Lüneburg eingelegt.