03.04.2024

ZDF-Magazin Frontal deckt Missstände auf: Boomendes illegales Spiel – das legale Spiel wird verdrängt!

Einleitende Worte von Dr. Daniel Pontzen.

Köln: Razzia im zweiten Untergeschoss.

150 000 Euro Bargeld werden sichergestellt.

Georg Stecker, DAW: Eine fatale Entwicklung!

200 Euro in drei Sekunden ruckzuck verspielt.

Hohe Standards in legalen Spielhallen.

Videomaterial aus der Welt des illegalen Spiels.

Sachverständiger: Verfahren laufen ins Leere.

NRW-Innenminister Herbert Reul mit klarer Kante.

„Glücksspiel und Kriminalität – Illegal, aber bald straffrei?“ So der Titel einer aufwühlenden Reportage des ZDF-Magazins Frontal am gestrigen 2. April. Der zehnminütige Bericht kann in der Mediathek abgerufen werden – ein Link am Ende unseres Berichtes.

Einige Kernaussagen des Berichtes der ZDF-Journalisten Andreas Halbach, Heiko Rahms und Joe Sperling zunächst im Telegramm-Stil: Polizei und Automatenindustrie schlagen Alarm +++ Das Glücksspiel in Deutschland gerät immer tiefer in die Illegalität +++ Spielhallen mit Konzessionen werden zunehmend durch kriminelle Banden verdrängt +++ Die Glücksspiel-Mafia organisiert immer mehr illegale Spielrunden und "Zocken ohne Limit" an manipulierten Automaten +++ Jährliche Steuerausfälle in Milliardenhöhe +++ Der Plan von Bundesjustizminister Buschmann, im Zuge seiner Strafrechtsreform die Glücksspiel-Paragrafen aus dem Strafgesetzbuch zu streichen, ist höchst fragwürdig!

Razzia: Illegales Casino mit 38 Akteuren

Der Bericht beginnt mit einer nächtlichen Razzia der Ermittlungsgruppe „Royal“ in einem Hinterhof in Köln. 200 Polizeibeamte schlagen zu, es kommt zu dutzenden Festnahmen, im zweiten Untergeschoss stößt man auf ein illegales Casino mit Poker und Glücksspielautomaten. 150 000 Euro Bargeld können sichergestellt werden. Ermittlungen gegen 38 Teilnehmer wegen illegalen Glücksspiels werden eingeleitet. Einige der Organisatoren sind bereits aktenkundig, also offenkundig Wiederholungstäter. Strafen – wohl kaum abschreckend.

Es wird ausgeführt, dass die Organisierte Kriminalität und die Clan-Kriminalität oft hinter dem illegalen Glücksspiel stecken. Geschätzter Umsatz drei Milliarden Euro im Jahr.

Massive Reduktion der legalen Unternehmen

Georg Stecker wird kurz interviewt. Der DAW-Vorstandssprecher betont: „Die zugelassenen Spielhallen werden immer mehr verdrängt von illegalen Anbietern und Glücksspielbanden. Das lässt sich am Beispiel Berlin sehr gut studieren. Hier hat sich durch eine massive Reduktion der legalen Unternehmen durch eine verfehlte Regulierung das illegale Spiel in vielfältigen Formen ausgebreitet.“ Andererseits hätten sich legale Unternehmen wie Admiral oder Merkur komplett aus der Bundeshauptstadt zurückgezogen. „Das ist natürlich eine fatale Entwicklung“, so Georg Stecker.

Verschärfte Gesetzgebung für das legale Spiel habe den Schwarzmarkt offensichtlich richtig aufblühen lassen.

Klare Regeln und hohe Standards

Gut so – der Bericht nimmt sich etwas Zeit und verweist auf die klaren Regeln und hohen Standards in legalen Spielhallen: Personalausweiskontrolle beim Eintritt in die Spielhalle – Spielsüchtige, die im OASIS-Sperrsystem registriert sind, müssen wieder gehen – Maximalgewinn 400 Euro – Maximalverlust 60 Euro die Stunde – stündliche 5-minütige Zwangspause des Gerätes – Spieler können nicht mehr an mehreren Geräten gleichzeitig spielen. Verdeutlicht wird ebenfalls: Die Anzahl der legalen Spielhallen wurde durch Abstandsregelungen, beispielsweise zu Schulen, massiv reduziert.

Aber auch hier leuchtet die Reportage hinein: Die verschärfte Regulierung mache das legale Spiel für ihn unattraktiv, erzählt ein anonymer Spielsüchtiger im Interview. Alexander Kringe, Hauptkommissar Polizei Köln, demonstriert, wie man in drei Sekunden an einem illegalen „Fun Game“ 200 Euro verzocken kann. Ein guter Anschauungsunterricht, um die Problemlage zu begreifen.

Milliarden gehen dem Fiskus verloren

Als nächstes kommt Wirtschaftswissenschaftler Professor Dr. Justus Haucap zu Wort. Bis zu 50 Prozent der Glücksspielgeräte im Markt sind illegal, so seine Schätzung. Milliarden würden dem Fiskus verloren gehen. Wenn man die Leute aus dem Schwarzmarkt herausholen möchte, dann müsse man den legalen Markt attraktiver machen, so sein glasklares Statement. Nur im legalen Markt lasse sich Spieler- und Jugendschutz kontrollieren.

Tobias Hayer widerspricht im folgenden Kurzinterview. Der Glücksspielforscher der Universität Bremen erklärt, man wisse überhaupt nicht, wie groß der illegale Glücksspielmarkt in Deutschland sei und welche „Möglichkeiten des Zockens“ existieren. Es bräuchte hierfür erst einmal eine Studie.

Von echter Strafverfolgung keine Spur

Spannend das anschließend gezeigte Videomaterial aus der Welt des illegalen Spiels. „Bruder, zahlst du mir die 120 Euro aus“, ist eine Stimme zu hören. Der Mitarbeiter der Spielhölle händigt das Geld in Scheinen aus und löscht anschließend vor den Augen der versteckten Kamera den Gerätespeicher. Eine Straftat, wie die ZDF Frontal-Reporter betonen.

Ein Sachverständiger für illegales Glücksspiel, der anonym bleiben möchte, wird interviewt. Er macht deutlich: „Mir ist kein Fall bekannt, wo eine Freiheitsstrafe ausgesprochen worden ist. Nur bei zwei Strafverfahren habe ich ein Urteil mit geringen Geldstrafen erlebt.“ Ansonsten seien die Verfahren immer ins Leere gelaufen. Von echter Strafverfolgung also keine Spur.

Entsetzen in der Fachwelt

Die aktuellen Pläne des Bundesjustizministers Buschmann, das illegale Glücksspiel zu entkriminalisieren, hätten die Fachwelt entsetzt, so das Reporter-Team. Dr. Burkhard Blienert, Sucht- und Drogenbeauftragter der Bundesregierung, wird interviewt. Er votiert ausdrücklich gegen eine Herabstufung des illegalen Glücksspiels auf eine Ordnungswidrigkeit. Dies würde nur der Geldwäsche und Organisierten Kriminalität nutzen. Blienert weiter: „Wir haben eher ein Vollzugsproblem. Dort könnte der Bundesjustizminister nachschärfen!“

Schließlich noch Herbert Reul, Innenminister Nordrhein-Westfalens, zu den Plänen: „Das ist ‚Der Staat gibt auf‘! Das wäre ein fataler Fehler, wenn man das illegale Glücksspiel nicht mehr als Straftat behandelt.“ Man würde sich der Möglichkeit berauben, organisierte Kriminalitätsstrukturen zu stören und zu bekämpfen.

Sog in die Illegalität – der Rechtsstaat uneins

Am Schluss eine Reporter-Stimme aus dem Off mit diesen wenig optimistischen Worten: „Glücksspiel in Deutschland gerät immer tiefer in die Illegalität. Der Rechtsstaat zeigt sich uneins. Die Politik streitet im Kampf gegen Kriminelle und beim Schutz der Bürger.“

Hier der Link zum TV-Beitrag.