VGH Baden-Württemberg: Eilverfahren zum Weiterbetrieb einer Spielhalle
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat in einem Eilverfahren (Az.: 6 S 2895/21) zum Weiterbetrieb einer Spielhalle mit Beschluss vom 12. Januar 2022 die negative Entscheidung des Verwaltungsgerichts Freiburg (Az.: 13 K 2446/21) teilweise abgeändert und die betroffene Erlaubnisbehörde verpflichtet den Betrieb der Spielhalle bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahren zu dulden.
Dies berichtet der verfahrensführende Rechtsanwalt Dr. Damir Böhm, der den Sachverhalt wie folgt schildert: „Die Behörde hatte den Erlaubnisantrag des antragstellenden Spielhallenbetreibers abgelehnt, weil sich die im 500 Meter-Abstand konkurrierende Spielhalle eines anderen Betreibers weiter weg von einer Minderjährigeneinrichtung befände.
Der VGH führt aus, dass es dem unterlegenen Spielhallenbetreiber nicht zuzumuten sei, den Betrieb der Spielhalle bis zur Überprüfung der behördlichen Entscheidung einzustellen. Insbesondere würden ohne gerichtlichen Eilrechtsschutz Ordnungswidrigkeiten- und strafrechtliche Konsequenzen drohen, so dass der Betreiber die Überprüfung des verwaltungsrechtlichen Bescheides nicht 'auf der Anklagebank' abwarten müsse."
Auswahlentscheidung müsse ermessensfehlerfrei erfolgen
Der VGH habe ferner zur Duldung und zur Auswahlentscheidung durch die Behörde wie folgt ausgeführt: Eine Duldung des Betriebs einer Spielhalle während eines nicht formell genehmigten Zeitraumes müsse aktiv durch die Behörde erfolgen, um keine Unterbrechung des legalen Betriebs zur Folge zu haben. Diese Duldung seitens der Behörde müsse nicht ausdrücklich erfolgen, sondern könne auch konkludent erklärt werden, indem die Behörde beispielsweise mitteilt, dass der Betrieb der Spielhalle nicht untersagt werde oder aber erst ab einem gewissen Zeitpunkt untersagt werde. Insbesondere müsse eine Duldung nicht in einem Bescheid gegenüber dem Betreiber erklärt werden.
Die Auswahlentscheidung der Behörde müsse ermessensfehlerfrei erfolgen. Gegenständlich habe die Behörde eine weitere Minderjährigeneinrichtung, die wie der Antragsteller zur recht ausgeführt hätte, sich näher bei der genehmigten Spielhalle befände, nicht berücksichtigt. Dies wäre jedoch geboten gewesen, sodass die behördliche Auswahlentscheidung ermessensfehlerhaft sei. Auch wenn nicht gesagt werden könne, dass eine neue Auswahlentscheidung zwingend zu Gunsten des Antragstellers erfolgen würde, so war einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, da die behördliche Entscheidung wahrscheinlich rechtswidrig sei. Zudem müssten bei der Auswahlentscheidung viele unterschiedliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden.
Kommentar des verfahrensführenden Rechtsanwaltes Dr. Damir Böhm
Dr. Damir Böhm, der als Fachanwalt für Verwaltungsrecht in der Kanzlei Böhm & Hilbert und als juristischer Berater des Fachverbandes Spielhallen (FSH) tätig ist, kommentiert die Entscheidung folgendermaßen: „Diese Entscheidung des VGH ist aus zwei Gesichtspunkten begrüßenswert. Zunächst wird klargestellt, dass die Möglichkeit strafrechtlicher Nachteile ausreicht, um zulässiger Weise gerichtlichen Eilrechtsschutz zu beantragen. Dabei legt der VGH fest, dass für eine auch strafausschließende Duldung eben keine ausdrückliche Erklärung seitens der Behörde vorliegen müsse. Es reiche konkludentes verhalten beziehungsweise entsprechende Erklärungen, dass nicht gegen den nicht genehmigten Betrieb vorgegangen würde.
Zum anderen kann eine behördliche Auswahlentscheidung zwischen Bestandsspielhallen, also Spielhallen, deren erste gewerberechtliche Erlaubnis vor Oktober 2011 erteilt worden war, nicht nur auf den näheren Abstand einer Minderjährigeneinrichtung zu der dann nicht genehmigten Spielhalle gestützt werden. Lässt eine Behörde bereits einen vergleichbaren Aspekt außer acht, dann kann das ausgeübte Ermessen nicht rechtmäßig sein.
An dieser Stelle wäre es noch wünschenswert gewesen, wenn der erkennende Senat weiter ausgeführt hätte, welche „unterschiedlichen Gesichtspunkte“ bei einer Auswahlentscheidung zu berücksichtigen seien. In ständiger Rechtsprechung nehmen andere Verwaltungsgerichte (beispielsweise das OVG NRW) an, dass die Auswahl zwischen Spielhallen an den Zielen des GlüStV auszurichten sei und alles berücksichtigt werden müsse, um festzustellen welcher Spielhallenbetreiber und Spielhallenstandort besser geeignet seien, diese Ziele zu fördern. Allein das Abstellen auf den Abstand zu der nächstgelegenen Minderjährigeneinrichtung kann diesen Anforderungen nicht genügen.“