25.08.2017

Verwaltungsgericht Göttingen: Losverfahren rechtmäßig

Das Verwaltungsgericht Göttingen hat in einem Göttinger Fall entschieden, dass die neuen Glücksspielregelungen verfassungsgemäß und Entscheidungen zur Fortführung von Spielhallen aufgrund eines Losverfahrens rechtmäßig sind.

Spielhallen, denen bis zum 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis erteilt worden ist, deren Geltungsdauer nicht vorher auslief, durften bis zum 30. Juni 2017 ohne weitere Erlaubnis betrieben werden. Für die Zeit danach begehrten die Klägerinnen, die alle zum selben Unternehmensverbund gehören und in einem Göttinger Einkaufszentrum fünf "Verbundspielhallen" betreiben, eine Fortführung ihrer Betriebe trotz der fehlenden 100 Meter Mindestabstand.

Die beklagte Stadt Göttingen hatte durch Los entschieden, welches Unternehmen bestehen bleiben darf und welches schließen muss. Den nicht ausgewählten Unternehmen hat sie eine weitere Erlaubnis nicht erteilt. Dagegen haben die Unternehmen Klage erhoben und Eilanträge gestellt.

Kläger: Qualitäts-Aspekte werden nicht berücksichtigt!

Landesweit sind zahlreiche derartige Verfahren bei allen niedersächsischen Verwaltungsgerichten anhängig beziehungsweise höchst unterschiedlich ausgegangen.

Mit ihren Klagen und Eilanträgen wollen die Unternehmen ihren Betrieb über den 30. Juni 2017 hinaus sicherstellen. Sie berufen sich zum einen darauf, dass eine Entscheidung per Los rechtswidrig ist, weil sie Qualitäts-Aspekte nicht berücksichtigt. Sie berufen sich hilfsweise auf eine Härtefallregelung im Gesetz, die den Weiterbetrieb für eine angemessene Zeit erlauben würde. Insbesondere bliebe unbeachtet, dass sie im Vertrauen auf den Fortbestand ihrer Erlaubnisse Vermögensdispositionen getroffen haben.

Die Verwaltungsrichter weisen die Klagen und Eilanträge ab

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts sind in Anlehnung an einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. März 2017 die neuen Glücksspielregelungen als verfassungsgemäß anzusehen. Auch eine Entscheidung aufgrund eines Losverfahrens sei rechtmäßig. Andere Differenzierungskriterien seien bei Spielhallen, die zu einem Unternehmensverbund gehörten, nicht erkennbar.

Die Unternehmen hätten dementsprechend auch identische Antragsunterlagen eingereicht. Bei einer solchen Ausgangslage müsste die Behörde keine Sachkriterien aus der Luft greifen, sondern könne die Unternehmen auffordern, Unterscheidungskriterien für eine Auswahl zu benennen. Dies habe die Behörde getan und keine Antwort erhalten.

VG Göttingen: Berufung auf gesetzliche Härtefallvorschrift greift nicht

Schließlich könnten sich die Klägerinnen nicht auf die gesetzliche Härtefallvorschrift berufen. Sie hätten "nichts dazu beigetragen, eine unbillige, also verfassungswidrige Härte abzuwenden", die für sie aus dem Ende ihres Betriebsmodells ab dem 1. Juli 2017 folge. Die Unternehmen hätten namentlich die gesetzliche Übergangsfrist von fünf Jahren für den vom Gesetz geforderten Rückbau des Spielhallenverbundes auf eine einzige Spielhalle an dem Standort in Göttingen nicht genutzt, sondern die Spielhallen uneingeschränkt weiterbetrieben.

Weiter vertritt das Gericht die Auffassung: Die Unternehmer könnten sich nicht darauf berufen, dass das Bundesverfassungsgericht erst im März 2017 über Verfassungsbeschwerden von Spielhallenbetreibern aus anderen Ländern gegen die Neuregelungen entschieden habe.

Bemühungen um Entwicklung neuer Geschäftsfelder "rechtlich unbeachtlich"

Sie hätten sich innerhalb der seit dem Inkrafttreten der Neuregelungen Mitte 2012 auf den Rückbau der Spielhallen einstellen müssen. Allein wegen einer anhängigen Verfassungsbeschwerde sei ein Gesetz nicht "schwebend unwirksam". Die Bemühungen um die Entwicklung von neuen Geschäftsfeldern wie Sonnenstudios, Bowlingbahnen oder Lasertec-Stadien seien ebenfalls rechtlich unbeachtlich. Ziel dieser Bemühungen sei es, die bestehenden Flächen wirtschaftlich ertragreich weiter zu nutzen.

Dass diese Bemühungen keine angemessenen Früchte getragen hätten, sei "rechtlich unbeachtlich". Denn ihr Ziel sei es nicht, die Vorgaben des Gesetzes umzusetzen, sondern andere Wirtschaftszweige zu erschließen. Weil die Unternehmen die Übergangsfrist nicht genutzt hätten, könnten sie aus den wirtschaftlichen Nachteilen, die sie nun träfen, keine rechtlichen Vorteile ziehen.

Gegen die Urteile können die Klägerinnen Anträge auf Zulassung der Berufung, gegen die Beschlüsse in den Eilverfahren können sie Beschwerde zum OVG Lüneburg einlegen.