15.01.2016

Vergnügungssteuer: "Eine kleine Zäsur"

Foto: pixelio.de / Erich Westendarp

Bereits im Oktober vergangenen Jahres hatte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat einen Rechtsstreit um die Rechtmäßigkeit der Spielgerätesteuer der Stadt Ochtrup zur weiteren Sachaufklärungan das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen zurückverwiesen. (Az.: 9 C 22.14) Jetzt liegt die schriftliche Begründung für diese Entscheidung vor, wie BA-Justiziar Stephan Burger berichtet.

Hintergrund: Die Stadt Ochtrup erhob bis 2009 auf Geldspielgeräte eine Vergnügungssteuer nach dem Stückzahlmaßstab in Höhe von 150 Euro monatlich. Ab Januar 2010 änderte sie den Steuermaßstab und erhob eine Steuer in Höhe von 20 Prozent des Einspielergebnisses, was für die beiden ortsansässigen Spielhallen etwa zu einer Verdopplung der Steuer führte. Ein Unternehmen gab den Betrieb seiner Spielstätte daraufhin auf, der andere klagte sich wegen einer Erdrosselungswirkung der Steuer durch die Instanzen.

Andere Geräte einsetzen

Die Klägerin unterlag sowohl beim Verwaltungsgericht (VG), als auch beim OVG. In ihrem Urteil vom 24. Juli 2014 (Az.: 14 A 692/13) machten es sich die Richter am OVG sehr einfach. Sie vertraten die Auffassung, dass der Unternehmer ja Geldspielgeräte mit einem höheren durchschnittlichen Kasseninhalt einsetzen könne. Eine solche "Preiserhöhung" sei nach Auffassung des OVG auch am Markt durchsetzbar. Ob solche Geräte auf dem Markt angeboten würden und ob sich ein Austausch der Geräte einfach gestalte, sei nach Auffassung des OVG unerheblich. Es sei Sache des Spielhallenbetreibers, sich auf eine etwaige Steuererhöhung vorzubereiten.

In seiner jetzt vorgelegten Urteilsbegründung bestätigte das BVerwG zunächst seine ständige Rechtsprechung, indem es erneut ausführte, dass nicht der Einzelne, sondern ein (hypothetischer) durchschnittlicher Betreiber im Satzungsgebiet für die Feststellung der erdrosselnden Wirkung zugrunde zu legen sei.

Auch Kosten betrachten

Daneben führten de Richter hinsichtlich der Feststellung der erdrosselnden Wirkung erneut aus, dass der durchschnittlich zu erzielenden Bruttoumsatz, sowie die durchschnittlichen Kosten unter Berücksichtigung aller anfallenden Steuern einschließlich eines angemessenen Betrages für Eigenkapitalverzinsung und Unternehmerlohn, Grundlage der Betrachtung zu sein haben.

Hinsichtlich des sogenannten "Preiserhöhungsarguments" (Erhöhung des durchschnittlichen Kasseninhalts durch die Anschaffung anderer Geldspielgeräte) führte das Gericht aus, dass der Ansatz im Grundsatz nicht zu beanstanden sei, jedoch auch geprüft werden müsse, ob ein nachträglicher Austausch der Geräte zumutbar war oder ob die Gemeinde aus Gründen des allgemeinen Vertrauensschutzes eine Übergangsfrist zur Umstellung auf den neuen Steuermaßstab hätte gewähren müssen. Hierzu müsse die Gemeinde konkret eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe vornehmen. Insbesondere die Grenze der Zumutbarkeit dürfe hierbei nicht überschritten werden.

Vertrauensschutz und Verhältnismäßigkeit

Hieraus folgert das Gericht, dass die Gemeinde Steuern nicht stets bis zur Grenze der Erdrosselung erhöhen darf. Vielmehr hat sie je nach Umständen des Falles weitere verfassungsrechtliche Schranken zu beachten, die sich etwa aus dem Vertrauensschutz oder aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergeben können. Folglich dürfe eine Spielgerätesteuer dann nicht ohne angemessene Übergangsfrist derart erhöht werden, wenn ein wirtschaftlich arbeitendes Unternehmen in der Situation der Klägerin nur nach einem zeitaufwendigen und kapitalintensiven Austausch des Gerätebestandes diese tragen könne.

Mit seiner Rückverweisung hat das BVerwG den zuständigen OVG aufgegeben, die offenen Sachfragen zu klären. Dies betrifft insbesondere die aufgeworfenen Fragen zu Umstellungsaufwand und der Verfügbarkeit von Austauschgeräten. Alternativ könne das OVG untersuchen, ob ein durchschnittlicher Spielhallenbetreiber in Ochtrup auch ohne Preiserhöhung eine Spielgerätesteuer von 20 Prozent des Einspielergebnisses verkraften könne.

Massive Erhöhungen erschwert

"Die vorliegende Entscheidung stellt im Verhältnis zur in den letzten Jahren beobachteten Praxis der Kommunen und der Gerichte eine kleine Zäsur dar", stellt BA-Justiziar Stephan Burger fest. Vergnügungssteuererhöhungen würden rechtlich auch in Zukunft möglich sein. Jedoch seien aus Sicht des BA die Voraussetzungen für eine Steuererhöhung klarer definiert worden. Aufgrund der vom BVerwG dargelegten Maßstäbe werde es Kommunen schwerer fallen, eine Erhöhung durchzusetzen, vor allem wenn die Erhöhung massiv sei und sprunghaft ausgeführt werde.