Sperrzeitverlängerung gestoppt
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 23.10.2020 (Az. 6 B 2551/20) die Allgemeinverfügung des Landkreises Gießen vom 15. Oktober 2020, mit der für Gaststätten und Vergnügungsstätten die Sperrzeit auf die Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr festgesetzt wurde, als rechtswidrig beanstandet. Nach der vorliegenden Presseerklärung hat der Verwaltungsgerichtshof Hessen sowohl Erwägungen zur Erforderlichkeit als auch zur Angemessenheit der Sperrzeitverlängerung nicht erkennen können. Die Erforderlichkeit setze voraus, dass die Behörde unter mehreren in gleicher Weise geeigneten Maßnahmen das mildere Mittel wähle, also die Maßnahme, die den Bürger am wenigsten belaste. An einer diesbezüglichen Prüfung fehle es vollständig.
Der Landkreis habe in der Allgemeinverfügung lediglich dargelegt, dass die Verlängerung der Sperrzeit im Vergleich zur vollständigen Schließung das mildere Mittel sei und damit nur ein stärker einschneidendes Mittel benannt. Mit möglichen milderen Mitteln, die in gleicher Weise zur Erreichung des Ziels geeignet sein könnten, habe sich die Behörde gar nicht auseinandergesetzt.
Auch eine Angemessenheitsprüfung, wonach hätte geprüft werden müssen, ob der Eingriff in angemessenem Verhältnis zu dem Gewicht und der Bedeutung des Grundrechts der Berufsfreiheit der Gaststättenbetreiberin stehe, fehle vollständig.
Zwar könne die Verwaltungsbehörde ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen. Der Vortrag des Landkreises im Beschwerdeverfahren erfülle die Anforderungen, die an die Ergänzung zu stellen seien, jedoch nicht.
Nachdem bereits das Verwaltungsgericht Aachen in einer Entscheidung vom 22.10.2020 (Aktenzeichen: 7 L 758/20) eine Sperrzeitverlängerung als rechtswidrig eingestuft hatte, folgt nun auch das oberste Verwaltungsgericht in Hessen dieser Auffassung.