Niedersachsen regelt Glücksspiel vorerst allein
Der niedersächsische Landtag hat gegen den Widerstand der Opposition ein sogenanntes Vorschaltgesetz zur Regelung der Glücksspiele beschlossen. Es soll nur so lange gelten, bis der Staatsvertrag in Kraft tritt – nach offizieller Lesart also bis zum 1. Juli 2012.
Die niedersächsische Regierung aus CDU und FDP hat aber offenbar Bedenken, was die baldige Ratifizierung durch die Länderparlamente, beziehungsweise die Zustimmung der EU-Kommission betrifft. In der Debatte sagte CDU-Fraktionsvize Dirk Toepffer man müsse auch ein Scheitern einkalkulieren.
Der wirtschaftspolitische Sprecher der Landtagsgrünen, Enno Hagenah, spekulierte über den Ausstieg Niedersachsens aus dem Staatsvertrag und vermutet, die Regierung wolle das Land Niedersachsen zum zweiten Schleswig-Holstein machen.
Tatsächlich geht das Vorschaltgesetz über den eigentlichen Glücksspielvertrag hinaus, und zwar in die schleswig-holsteinische Richtung. Es verzichtet auf die Begrenzung auf 20 Sportwettlizenzen und erlaubt zusätzlich Live-Sportwetten. Außerdem erlaubt es dem Land Niedersachsen, weitere Maßnahmen zur Liberalisierung des Marktes zu beschließen.
Wirtschaftsminister Jörg Bode von der FDP verwies darauf, dass auch Bayern und Bremen bereits Vorkehrungen für den Fall träfen, dass der Glücksspielvertrag scheitern sollte. In diesem Fall bringe das Vorschaltgesetz einen Wettbewerbsvorteil für das Land Niedersachsen. Bis der Glücksspielvertrag am 1. Juli in Kraft tritt, sollen in Niedersachsen keine Lizenzen vergeben werden, sagte Bode.
Schon jetzt wird in Niedersachsen darüber spekuliert, wie der Wirtschaftsminister seine Äußerung über die Nichtvergabe von Lizenzen gemeint habe: Bis der Glücksspielstaatsvertrag in Kraft tritt oder bis zum 1. Juli? Denn dass der Vertrag bis zu diesem Datum den Segen der EU bekommt und auch sämtliche parlamentarischen Hürden nimmt, glaubt niemand.