13.05.2016

Glücksspielstaatsvertrag: Hessen droht mit Ausstieg

Der Glücksspielstaatsvertrag gilt bei zahlreichen Experten als verfassungs- und als europarechtswidrig. Ein Vertragsverletzungsverfahren der EU steht vor der Tür, und das Bundesverfassungsgericht wird sich aller Voraussicht nach ebenfalls mit dem Vertragswerk befassen. Normalerweise lassen sich Politiker von solchen Lappalien nicht aufhalten, doch jetzt scheint die Front der aussitzenden Zeitgewinnler zu bröckeln.

Nach einem Bericht des "Kölner Stadt-Anzeiger" droht Hessen in einem Brief der Staatskanzlei den anderen Ländern mit einem Ausstieg aus dem Glücksspielstaatsvertrag – wegen rechtlicher Bedenken. Grund ist das gerichtlich gestoppte und somit gescheiterte Vergabeverfahren der Sportwettenkonzessionen, für das Hessen verantwortlich zeichnete.

Beschränkung nicht begründet

Erst Mitte April hatte das VG Wiesbaden das Land verpflichtet, einem zunächst leer ausgegangenen Bewerber eine Konzession zu erteilen. Das Land Hessen habe nicht nachvollziehbar begründen können, wie die Beschränkung auf 20 Sportwettenanbieter zu rechtfertigen sei, hieß es. Ohne eine solche Begründung, sei diese Beschränkung europarechtswidrig und die entsprechende Regelung im Glücksspielstaatsvertrag nicht anzuwenden. Das hessische Innenministerium hatte während der Gerichtsverhandlung zu Protokoll gegeben, dass es derzeit mindestens 85 ernstzunehmende Konzesionsbewerber gebe, und bereits 79 Sportwettenanbieter in Deutschland Wettsteuern zahlten.

In der Folge hatte unter anderem der Deutsche Sportwettenverband (DSWV) die Länder aufgefordert, den Glücksspielstaatsvertrag grundlegend zu reformieren. Dennoch haben sich die Chefs der Staatskanzleien am Donnerstag auf die sogenannte "minimalinvasive Lösung" verständigt, nämlich die Zahl der zu vergebenden Konzessionen von 20 auf 40 zu verdoppeln und ansonsten alles so zu lassen wie es ist. Das wollen sie so den Ministerpräsidenten vorschlagen, die am 16. Juni darüber entscheiden wollen.

Problem würde bleiben

Das grundsätzliche Problem, die zahlenmäßige Beschränkung nicht nachvollziehbar begründen zu können, ist damit natürlich nicht vom Tisch. Da das federführende Land Hessen bei den zurückliegenden Prozessen gut aufgepasst hat und nicht erneut vor Gericht unterliegen will, droht es nun mit seinem Ausstieg aus dem Staatsvertrag.