14.02.2017

Gießener Allgemeine berichtet über Folgen der Glücksspielregulierung und die Angst vor Prozessen

Ein Symbolbild und viele Fragen: Welche Spielhallenstandorte müssen im Zuge der Landesspielhallengesetze weichen? Wie sollen Kommunen hier "die richtige Entscheidung" treffen? Und warum müssen die Städte und Gemeinden die erheblichen Prozessrisiken tragen?

"Angst vor Prozessen", unter dieser Überschrift warnt heute die Gießener Allgemeine vor den Konsequenzen des fragwürdigen Hessischen Spielhallengesetzes.

Autor Jürgen Wagner schildert zunächst anhand von Beispielen, wie die Branche geregelt ist. Zum Beispiel: "Pro Stunde kann man maximal 400 Euro gewinnen und 60 Euro verlieren." Jedoch: "Das Hessische Spielhallengesetz hingegen macht Städte und Gemeinden nach Ansicht von Kommunalpolitikern von vorneherein zu Verlierern. Den Kommunen könnten Millionen durch die Lappen gehen, es drohen Klagen der Spielhallen-Betreiber."

Die diversen Restriktionen (beispielsweise Mindestabstand zwischen zwei Spielhallen von 300 Metern und Verbot von Mehrfachkonzessionen) treten bekanntlich nach dem Ende der Übergangsfrist am 1. Juli 2017 in Kraft.

Michael Keller: "Das Land Hessen überlässt uns, was nicht zu regeln ist"

Ein Stichtag, der vielen kommunalen Verantwortungsträgern Sorgenfalten auf die Stirn treibt. Die Gießener Allgemeine zitiert den Bürgermeister von Friedberg, Michael Keller, mit den Worten: "Das Land Hessen macht ein Gesetz, überlässt aber uns, was nicht zu regeln ist."

Der Hessische Münzautomaten-Verband hat bekanntlich Klage gegen das Gesetz erhoben. Friedberg wolle den Ausgang des Verfahrens abwarten, berichtet die Tageszeitung. Der Bürgermeister wird mit den Worten zitiert: "Es geht um Rechtssicherheit. Die Stadt darf nicht das Prozessrisiko auf sich nehmen."

Ausführlich geht die Gießener Allgemeine auf die Situation vor Ort in Friedberg mit aktuell sechs Spielhallen ein.

Mit den Klagen der Unternehmer müssen die Kommunen fertig werden

Anschließend macht der Redakteur deutlich: "Die Stadt soll nun nach einem Kriterienkatalog des Wirtschaftsministeriums entscheiden, welche Spielhalle schließen muss. Kriterien sind die Qualität der Betriebsführung, der Abstand zu Jugendeinrichtungen, das Umfeld. Die unterlegenen Betriebe dürften dann klagen, allerdings nicht gegen das Land, sondern gegen die Stadt."

Eine kaum lösbare Aufgabe, so der Tenor des angenehm sachlichen Beitrages.

Denn: "Laut Keller laufen alle Spielhallen gut. Probleme im Umfeld gebe es nicht. Unterschiede, die einem Auswahlverfahren gerichtlich standhalten könnten, seien nicht vorhanden." Noch einmal die warnende Stimme von Bürgermeister Keller: "Das macht die Auswahl schwierig und erhöht das Prozess-Risiko."

Weniger Spielhallen – weniger Einnahmen für die Kommunen

Und die Zeitung hält fest: "Auf Friedberg könnten Schadensersatzforderungen in nicht unerheblicher Höhe zukommen. Die Spielapparatesteuer bringt Friedberg im Jahr rund eine Million Euro ein. Auch dies dürfte für Politiker bei der Entscheidung eine Rolle spielen. Weniger Spielhallen bedeuten weniger Einnahmen für die Stadt."

Kritik auch aus Florstadt, wo die dortigen fünf Spielstätten jährlich 350 000 Euro ins Stadtsäckel spülen. "Neun von zwölf Konzessionen müssten nach dem neuen Gesetz wegfallen. Nur zum Vergleich: Die Hundesteuer macht 45 000 Euro aus, es geht also um viel Geld", verdeutlicht die Zeitung.

Herbert Unger: "Massiver Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung"

Bürgermeister Herbert Unger wird mit den Worten zitiert: "Die Gesetzesänderung stellt einen massiven Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung dar." Dass die Landesregierung damit die Spielsucht bekämpfen wolle, sei bigott. "Dann müsste auch der Schnaps im Rewe verboten werden", so der meinungsstarke Bürgermeister.

Herbert Unger abschließend: "Welche Spielhallen geschlossen werden müssen, hat das Land in die Zuständigkeit der Kommunen gelegt, ohne dies näher zu präzisieren. Die Kommunen sind es, die nachher beklagt werden, die Prozesskosten am Hals haben und sich auf Steuerausfälle gefasst machen müssen."