Baden-Württemberg: VGH positioniert sich positiv zum Altbetreiber-Privileg und zur Duldung von Spielhallen
Mit einem wichtigen Beschluss, errungen von der Kanzlei Benesch & Partner, hat sich der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg positiv zum "Altbetreiber-Privileg" im Land positioniert. Zu den konkreten Hintergründen und möglichen Auswirkungen informiert Rechtsanwalt Frank Repschläger heute in einem Forum-Aktuell-Rundschreiben.
"Im Rahmen eines Eilverfahrens in 2. Instanz hat der VGH Baden-Württemberg entscheidende Weichenstellungen für die derzeit laufenden Antragsverfahren auf den Weg gebracht. Mit Beschluss vom 09.09.2021 hat er eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Freiburg in entscheidenden Punkten abgeändert (Az. 6 S 2716/21)", schreibt Frank Repschläger.
Keine Strafbarkeit bei aktiver Duldung
Der Forum-Rechtsexperte weiter: "Bei der aktiven Duldung der Behörde einer Spielhalle ohne Erlaubnis kommt nach Auffassung des VGH eine Strafbarkeit des Betreibers wegen unerlaubten Glücksspiels nach § 284 Abs. 1 StGB oder eine Ordnungswidrigkeit nach § 48 Abs. 1 Ziffer 1 LGlüG nicht in Betracht. Die Duldung einer Spielhalle ersetzt nicht die notwendige Erlaubnis, ihr muss aber eine das Straf- und Ordnungswidrigkeitenunrecht ausschließende Wirkung beigemessen werden."
Dies soll zumindest dann gelten, wenn es sich um eine aktive Duldung handelt, die der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Erlaubnisverfahrens sowie der Gewährung effektiven Rechtsschutzes dient. "Damit dürfte der immer wieder den Erlaubnisbehörden vermittelten Rechtsansicht, sie würden sich bei der Duldung einer Spielhalle ohne Erlaubnis strafbar machen, endgültig die Grundlage entzogen sein", macht Repschläger deutlich.
Altbetreiber-Privileg in Bezug auf Kinder- und Jugendeinrichtungen gilt weiter fort
Zuletzt hatten sich die Verwaltungsgerichte in Baden-Württemberg unterschiedlich dazu positioniert, ob nach Ablauf der Übergangsregelung das sogenannte Altbetreiber-Privileg für Bestandsspielhallen weiter fort gilt. "Nach § 51 Abs. 5 S. 5 LGlüG müssen Spielhallen, für die vor dem 29.12.2012 eine gewerberechtliche Erlaubnis nach § 33i Abs. 1 GewO bereits erteilt wurde, den nach § 42 Abs. 3 LGlüG erforderlichen Mindestabstand von 500 Metern zu Kinder- und Jugendeinrichtungen nicht einhalten. Der VGH hat klargestellt, dass diese Privilegierungen der Bestandsspielhallen zeitlich nicht beschränkt sind. Eine zeitliche Beschränkung, wie etwa vom VG Karlsruhe und VG Sigmaringen vertreten, ergäbe sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift noch aus der Gesetzesbegründung, noch sei sie aus anderen Gesichtspunkten herzuleiten", wird erläutert.
Allerdings habe der VGH auch klargestellt, dass im Rahmen einer Auswahlentscheidung der Abstand einer Spielhalle zu Kinder- und Jugendeinrichtungen Bedeutung erlangen kann.
Entfall des Altbetreiber-Privilegs bei Betreiberwechsel oder bei missbilligten Weiterbetrieb einer Spielhalle ohne Erlaubnis
Der VGH stellt klar, dass bei einem Betreiberwechsel der Spielhalle das Privileg nach § 51 Abs. 5 S. 5 LGlüG entfällt. Das heißt, der neue Betreiber muss den Mindestabstand von 500 Metern zu einer Kinder- und Jugendeinrichtung einhalten.
Rechtsanwalt Frank Repschläger: "Gleiches gilt, wenn der bisherige Betreiber nach Ablauf der Befristung seiner Erlaubnis in einer missbilligten Weise den Betrieb einer Spielhalle fortsetzt. Dies führt zu einer zeitlichen Zäsur, die im Ergebnis dazu führt, dass bei einer Neuerteilung der Erlaubnis alle Voraussetzungen einzuhalten sind, so auch der Abstand zu Kinder- und Jugendeinrichtungen. Duldet allerdings die Erlaubnisbehörde den Betrieb der Spielhalle nach Ablauf einer Erlaubnis, so liegt nach Auffassung des VGH gerade keine negative Zäsur, die das Altbetreiber-Privileg entfallen lässt, vor. Insoweit liegt kein missbilligter Weiterbetrieb der Spielhalle vor."
Weiter heißt es: "Die aktive Duldung muss hierbei nicht ausdrücklich ausgesprochen werden. Es reicht aus, wenn der Spielhallenbetreiber nach objektivem Verständnis davon ausgehen kann, dass der weitere Betrieb der Spielhalle geduldet wird, weil etwa kein Sofortverzug einer Schliessungsverfügung angeordnet wird, damit die Entscheidung der Behörde gerichtlich überprüft werden kann. Es ist also aus den Gesamtumständen abzuleiten, ob die Behörde den Betrieb der Spielhalle aktiv duldet."
VGH-Entscheidung richtungsweisend für Erlaubnisbehörden und erstinstanzliche Gerichte
So habe bereits vor Kurzem das VG Karlsruhe die Aussage einer Behörde, sie werde gegen den Spielhallenbetrieb keine Schließungsverfügung erlassen und auch sonst keine Vollzugsmaßnahmen ergreifen, als aktive Duldung gewertet.
Frank Repschläger: "An den Aussagen dieser Entscheidung des VGH werden sich jetzt die Erlaubnisbehörden und die erstinstanzlichen Gerichte in Baden-Württemberg ausrichten müssen."
Der VGH-Beschluss ist von der Kanzlei Benesch & Partner errungen worden – Glückwunsch!